Eisenthiocyanat-Gleichgewicht

von Carolin Schilling

Thema: Chemisches Gleichgewicht Tags: Temperatur, Konzentration, Gleichgewicht Klassenstufen: 11-12 Versuchsart: SV

Ziel des Versuchs: Versuch zur Konzentrations- und Temperaturabhängigkeit des chemischen Gleichgewichts

Materialien

6 Reagenzgläser, Reagenzglasständer, Holzklammer, 5 mittelgroße Bechergläser, Gasbrenner, Dreifuß mit Drahtnetz, Spatel

Chemikalien

Eisen(III)-chlorid, Ammoniumthiocyanat, Ammoniumchlorid, Wasser

Gefahrstoff H-Sätze P-Sätze GHS
Eisen(III)-chlorid-6-H2O H290-H302-H315-H318P280-P305+P351+P338
Ammoniumthiocyanat H332-H312-H302-H412-EUH032--
Ammoniumchlorid H302-H319--

Durchführung

Anfertigung der Stammlösung: Es werden 1,6 g Eisen(III)-chlorid und 2,3 g Ammoniumthiocyanat in jeweils 200 mL Wasser gelöst. Beide Lösungen werden vereinigt und so lange mit Wasser verdünnt, bis die Lösung hellrot erscheint.

6 Reagenzgläser werden zur Hälfte mit der Stammlösung gefüllt. Parallel dazu werden ein heißes Wasserbad sowie ein Eisbad vorbereitet. Die Reagenzgläser werden wie folgt befüllt:

  1. Vergleichslösung
  2. Zugabe einer Spatelspitze FeCl3
  3. Zugabe einer Spatelspitze NH4SCN
  4. Zugabe einer Spatelspitze NH4Cl
  5. Erwärmen der Stammlösung im heißen Wasserbad
  6. Abkühlen der Stammlösung in Eiswasser

Beobachtung

Im zweiten und dritten Reagenzglas ist ein Farbumschlag nach dunkelrot erkennbar. Die Farbe des vierten Reagenzglases ändert sich bei Zugabe von Ammoniumchlorid nicht. Beim Erwärmen entfärbt sich die Lösung im fünften Reagenzglas, beim Kühlen wird der Orangeton im letzten Reagenzglas intensiver (vgl. Abb. 1).

Abb. 1: Die verschiedenfarbigen Lösungen der Reagenzgläser 1-6.

Deutung

Eisen(III)-chlorid dissoziiert in Wasser nach folgender Reaktionsgleichung:

FeCl3 (aq) ⇌ Fe3+(aq) + 3 Cl-(aq)

(Es handelt sich um die vereinfachte Schreibweise. Eisen(III)-Ionen liegen im Normalfall als Hexaaquakomplex [Fe(H2O)6]3+ vor.)

Ammoniumthiocyanat dissoziiert in Wasser nach folgender Reaktionsgleichung:

NH4SCN(aq) ⇌ NH4+(aq) + SCN-(aq)

In wässriger Lösung reagieren die Komponenten beim Zusammengeben dann folgendermaßen:

Fe3+(aq) + 3 Cl-(aq) + 3 NH4+(aq) + 3 SCN-(aq) ⇌ Fe(SCN)3 (aq) + 3 NH4+(aq) + 3 Cl-(aq)

Die gebildete Verbindung Eisenthiocyanat liegt als Aquakomplex [Fe(SCN)3(H2O)3] vor und verursacht die rote Farbe der Lösung. Die beiden restlichen Ionen sind in wässriger Lösung farblos. Bei genügend starker Verdünnung des Eisenthiocyanat-Komplexes mit destilliertem Wasser verschwindet die blutrote Färbung, da der Eisenthiocyanat-Komplex in Eisenhexaqua-Komplex-Kationen und in Thiocyanat-Anionen zerfällt. Die nun braun-gelbe Färbung der Lösung beruht auf dem Eisenhexaqua-Komplex.

In den Reagenzgläsern 2 und 3 vertieft sich die Farbe, also wird mehr an Eisenthiocyanat gebildet als in der Vergleichsprobe 1. Dies kann nur dann geschehen, wenn es sich bei der Reaktion um eine Gleichgewichtsrektion handelt. In diesem Fall besteht ein chemisches Gleichgewicht zwischen den Eisen(III)-Ionen und den Thiocyanat-Ionen, die zu Eisenthiocyanat reagieren. Erhöht man nun auf der Eduktseite die Konzentration, so kann diese höhere Konzentration nach dem Prinzip von Le Chatelier nur durch die Erzeugung von mehr Eisenthiocyanat ausgeglichen werden. Es reagieren also die zusätzlichen Eisenhexaqua-Komplexionen mit den bereits vorhandenen Thiocyanat-Anionen unter erneuter Bildung von Eisenthiocyanat.

In den Reagenzgläsern 4 und 5 findet eine Farbaufhellung statt, also werden vermehrt Eisen(III)-Ionen und Thiocyanationen gebildet. Bei Reagenzglas 4 wird durch die Zugabe von Kaliumchlorid die Ionenkonzentration von Kalium und Chlorid auf der Produktseite der Gleichung erhöht. Im Gegenzug muss mehr Eisenthiocyanat dissoziieren, um die Konzentrationen auf der Eduktseite zu erhöhen. Folglich wird die Lösung heller. Da beim Erwärmen der Lösung in Reagenzglas 5 die Farbintensität abnimmt, verschiebt sich das Gleichgewicht auf die Seite der Ausgangsstoffe. Bei einer Temperaturerhöhung nehmen die Reaktionsgeschwindigkeiten der Hin- und der Rückreaktionen zu, d.h. das Gleichgewicht stellt sich schneller ein. Bei exothermer Hinreaktion verschiebt sich das Gleichgewicht nach links, bei endothermer Hinreaktion verschiebt sich das Gleichgewicht nach rechts. Folglich muss es sich bei der Bildung des Eisenthiocyanatkomplexes um eine exotherme Reaktion handeln, da sich die Lösung in Reagenzglas 5 nach Wärmezufuhr entfärbt. Die exotherme Reaktion wird in Reagenzglas 6 begünstigt, daher entsteht mehr Eisenthiocyanat und die Lösung wird dunkler.

Entsorgung

Die Lösungen werden mit Thiosulfatlösung neutralisiert und im Abfluss entsorgt.

Anmerkungen & Unterrichtsanschlüsse: Der Versuch bietet den Vorteil, dass sowohl die Konzentrations- als auch die Temperaturabhängigkeit des chemischen Gleichgewichts anhand einfacher Farbveränderungen untersucht werden können. Im weiteren Verlauf kann auf den Nachweis von Eisen(III)-Ionen mittels Ammonium- oder Kaliumthiosulfatlösung als Analysemethode eingegangen werden.

Literatur

Hollmach, Sandra; Habel, Christoph, Didaktik der Chemie der Universität Bayreuth, http://daten.didaktikchemie.uni-bayreuth.de/umat/gleichgewicht/gleichgewicht.htm, 03.08.2016 (Zuletzt abgerufen am 03.08.2016 um 19:45 Uhr)


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